PSTF: Die Zukunft der Kreuzfahrten im Mittelmeer
In Heraklion auf der Insel Kreta fand die achte Ausgabe des Posidonia Sea Tourism Forum (PSTF) statt, eines der wichtigsten Treffen für die Kreuzfahrt- und Tourismusbranche im Mittelmeerraum.
Zum ersten Mal außerhalb von Athen ausgerichtet, stellte das Forum einen symbolischen und operativen Wendepunkt dar und zog über 200 Führungskräfte von Kreuzfahrtgesellschaften, Hafenbehörden, Tourismusakteuren und politischen Entscheidungsträgern an, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: eine nachhaltigere Zukunft für den Seetourismus zu gestalten. Das zentrale Thema dieser Ausgabe lautete: „Das Mittelmeer: Ein zwingendes Erfordernis für neue Häfen und herausragende Reiseziele“ und reflektiert die Dringlichkeit, neue Gleichgewichte zwischen Wachstum, Qualität des touristischen Erlebnisses sowie Umwelt- und Sozialverträglichkeit zu finden.
Posidonia Sea Tourism Forum
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Die Eröffnungssitzung war geprägt von hochrangigen institutionellen Beiträgen. Zu den Rednern gehörten Minas Papadakis, CEO der Hafenbehörde von Heraklion; Anna Karamanli, griechische Vize-Ministerin für Tourismus; Stavros Arnaoutakis, Gouverneur der Region Kreta; und Apostolos Tzitzikostas, EU-Kommissar für Verkehr und nachhaltigen Tourismus.
In seiner Rede hob der europäische Kommissar Apostolos Tzitzikostas sowohl die Potenziale als auch die Herausforderungen der Kreuzfahrtbranche hervor. Er erinnerte daran, dass allein im Jahr 2024 Griechenland fast 5.500 Hafenanläufe und rund 8 Millionen Passagiere verzeichnete – Zahlen, die die Dynamik des Sektors bestätigen, aber seiner Meinung nach eine unverzichtbare Reflexion über Nachhaltigkeit erfordern. Seiner Ansicht nach müssen Wettbewerbsfähigkeit und ökologische Verantwortung Hand in Hand gehen, um eine ausgewogene Entwicklung zu gewährleisten.
Tzitzikostas betonte zudem die sich wandelnden Präferenzen der jungen Generationen: Das Interesse an Kreuzfahrten unter jungen Menschen sei in den letzten fünf Jahren um 55 % gestiegen, während ihre Sensibilität für Umweltthemen im gleichen Zeitraum um 32 % zugenommen habe. Dieser Wandel dürfe nicht ignoriert werden und erfordere konkrete Antworten der gesamten Branche.
Die Diskussionsrunde mit dem Titel „Wachstum und Nachhaltigkeit im Kreuzfahrttourismus im Mittelmeer in Einklang bringen“ vertiefte einige der zentralen Herausforderungen des Sektors: touristische Überlastung, infrastrukturelle Belastungen und die Einbindung der lokalen Gemeinschaften.
Posidonia Sea Tourism Forum
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Julie Green, stellvertretende Direktorin von CLIA, betonte, dass die Auswirkungen von Kreuzfahrten oft überschätzt werden. Sie stellte klar, dass Kreuzfahrten nur 2 % des weltweiten Tourismus ausmachen, aber etwa 50 Milliarden Dollar in Europa generieren, davon zwei Milliarden allein auf dem griechischen Markt. Sie forderte dazu auf, Vorurteile abzubauen und erinnerte daran, dass der Kreuzfahrttourismus zu den am stärksten regulierten und kontrollierbaren Sektoren gehört.
Theodora Riga, Präsidentin von MedCruise und Vertreterin der Hafenbehörde von Korfu, hob die Bedeutung von Transparenz und datenbasierter Kommunikation hervor. Sie nannte das Beispiel Santorini, wo nur 5 % der Besucher per Kreuzfahrtschiff anreisen, obwohl die Insel oft mit touristischer Überfüllung in Verbindung gebracht wird. Außerdem betonte sie, dass der Kreuzfahrttourismus in Korfu jährlich etwa 1.500 Arbeitsplätze unterstützt.
Chris Theofilides, CEO von Celestyal Cruises, richtete den Fokus auf die Notwendigkeit eines intelligenten Managements der Touristenströme. Er erklärte, dass das Hauptproblem nicht die Anzahl der Besucher, sondern die Konzentration der Ankünfte in wenigen Stunden sei. Er unterstrich, dass die Zusammenarbeit zwischen Hafenbehörden, Betreibern und der Einsatz intelligenter Technologien dazu beitragen kann, ausgeglichenere touristische Erlebnisse zu ermöglichen.
Kerry Anastassiadis, Vertreterin der MSC Group, schloss die Sitzung mit der Betonung der Wichtigkeit eines systemischen Ansatzes ab, der die Kapazitätsverwaltung der Häfen, die Einbindung der lokalen Gemeinschaften und die Entwicklung neuer Reiseziele umfasst. Sie erinnerte daran, dass Häfen wie Mykonos und Santorini bereits fortschrittliche Systeme zur Liegeplatzvergabe nutzen und betonte, dass Kooperation der Schlüssel zu nachhaltigem Kreuzfahrttourismus sei.
Posidonia Sea Tourism Forum
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Die folgende Sitzung vertiefte die Entwicklung des Konzepts des Yachthafens. Besonders hervorgehoben wurde das wachsende Interesse an Modellen privater Inseln, die kontrollierte und in den lokalen Kontext integrierte Erlebnisse bieten. Marcus Puttich von TUI Cruises betonte das Potenzial dieses Modells im Arabischen Meer, sofern Kultur und Territorium respektiert werden. Ana Karina Santini von Royal Caribbean erinnerte daran, dass dieses Modell zwar in der Karibik effektiv sei, in Europa jedoch auf Hindernisse stößt. Sandi Weir von NCLH beschrieb die Vorteile, die in den Bahamas und Belize beobachtet wurden, wo neue Arbeitsplätze für lokale Techniker und Ingenieure geschaffen wurden. Im Anschluss zeigte ein Panel zu Kreuzfahrten mit kleinen Schiffen das Wachstum von Boutique-Reedereien, die personalisierte Routen anbieten und kleinere Häfen anlaufen. Teilnehmer waren Vertreter von Ritz-Carlton Yacht Collection, Star Clippers, Crystal Cruises, Explora Journeys (MSC) und Variety Cruises.
Während der Veranstaltung äußerte der Gouverneur Stavros Arnaoutakis die Ambitionen der Region und betonte, dass das Forum eine wichtige Chance für Kreta darstelle. Dank moderner Infrastruktur und des reichen kulturellen Erbes sei Kreta gut positioniert, sich als nachhaltiges Kreuzfahrthub im Mittelmeer zu etablieren.
Der zweite Tag des Posidonia Sea Tourism Forums in Heraklion auf Kreta widmete sich einigen der drängendsten Herausforderungen für den Kreuzfahrttourismus im Mittelmeer. Die Diskussion konzentrierte sich darauf, wie Häfen, die für eine andere Epoche gebaut wurden, mit den modernen Kreuzfahrtschiffen des 21. Jahrhunderts und den jährlich transportierten Millionen von Touristen Schritt halten können. Branchenführer, Hafenbetreiber und lokale Behörden erörterten infrastrukturelle Engpässe, Belastungen der Gemeinden und die Notwendigkeit einer engeren Abstimmung zwischen Kreuzfahrtgesellschaften und Reisezielen.
Posidonia Sea Tourism Forum
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Im Panel „Kreuzfahrthäfen: Kann die Infrastruktur mit der Nachfrage Schritt halten?“ wurden zentrale Themen wie die Eignung der Häfen, die Verfügbarkeit von Liegeplätzen und die Integration in die lokalen Gegebenheiten behandelt. Manolis Alevropoulos, Vicepräsident Marine Operations bei Celebrity Cruises (Royal Caribbean Group), betonte, dass die Häfen ursprünglich für Schiffe von vor fünfzig Jahren konzipiert wurden, die heutigen Schiffe jedoch völlig anders seien. Er fügte hinzu, dass überall infrastrukturelle Modernisierungen nötig seien, diese aber Hand in Hand mit der Unterstützung der lokalen Gemeinschaften gehen müssten. Dabei sollten Technologien zur Abfallbewirtschaftung, zur Trinkwasserproduktion und zur Nutzung sauberer Energien eingesetzt werden, wobei natürliche Ressourcen des Mittelmeers wie Sonne, Wind und Meer genutzt werden sollten.
Isabelle Côté, Beraterin bei Virgin Voyages, wies auf die Dringlichkeit kurzfristiger Lösungen hin und schlug intelligente Umstrukturierungen und kreative Anpassungen vor, um den Druck auf die Häfen zu reduzieren, während auf umfassendere Maßnahmen gewartet wird. Sie betonte außerdem die Bedeutung, das Erlebnis der Reisenden neu zu denken und sie zu bewussteren Entdeckern zu machen.
Aziz Güngör, Regionaldirektor East Med Ports bei Global Ports Holding, ergänzte, dass neben der Technologie ein konkretes lokales Engagement und eine Vereinfachung der Vorschriften notwendig seien, begleitet von einem starken Umweltbewusstsein. Minas Papadakis, CEO der Hafenbehörde von Heraklion, sprach offen über den laufenden Wandel in den griechischen Häfen, die sich nicht nur zu Drehkreuzen für Passagiere und Güter, sondern auch zu echten Energiezentren entwickeln. Dies erfordere bedeutende Investitionen und einen aktualisierten Rechtsrahmen. Er hob zudem die Bedeutung hervor, das Vertrauen der lokalen Gemeinschaft zu gewinnen, die als „Gesellschafter“ des Hafens angesehen werde, und kündigte die Einführung von Strafgebühren für Reedereien an, die gebuchte Liegeplätze stornieren – ein Problem, das die Planung und die lokale Wirtschaft beeinträchtige.
Posidonia Sea Tourism Forum
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Gianluca Suprani, Senior VP Port Development bei MSC Cruises, stellte pragmatisch fest, dass es heute „leichter sei, ein Schiff zu bauen als einen Hafen“. Er hob die Bedeutung von Initiativen wie der Onshore Power Supply (OPS) und transparenten Systemen zur Zuweisung von Liegeplätzen hervor. Zudem betonte er die Notwendigkeit einer besseren Koordination mit den lokalen Behörden, um Staus zu vermeiden und den Passagieren ein qualitativ hochwertiges Erlebnis zu gewährleisten.
Ein bedeutender Moment des Tages war die Ankündigung der zweijährigen strategischen Partnerschaft zwischen dem Posidonia Sea Tourism Forum und MedCruise. Theodore Vokos, Geschäftsführer von Posidonia Exhibitions, erklärte, dass MedCruise zu den ersten Organisationen gehörte, die an die Mission des Forums glaubten, und dass die Zusammenarbeit nun formalisiert werde, um die gemeinsame Arbeit in den kommenden Ausgaben zu stärken.
Im zweiten Panel, das dem Dialog zwischen Kreuzfahrtgesellschaften und Destinationen gewidmet war, wurde die echte Zusammenarbeit zwischen beiden Welten betont. Ligia Balea, Shore Excursions Product Manager bei Carnival Cruise Lines, hob hervor, wie sorgfältig gestaltete kulturelle Erlebnisse die Passagiere begeistern und gleichzeitig die lokalen Wirtschaften stärken können, insbesondere wenn lokale Anbieter in die Gestaltung der Ausflüge eingebunden werden.
Dimitris Bekos, Leiter Griechenland, Zypern, Ägypten & VAE bei Intercruises, brachte die Sorgen der Anwohner hinsichtlich der Umweltbelastung und einer möglichen kulturellen „Verwässerung“ durch die gleichzeitige Ankunft tausender Touristen zur Sprache. Als wirksame Lösung schlug er gemeinschaftsorientierte Touren vor. Michele Bosco, Shore Excursion Manager bei Princess Cruises, empfahl praktische Maßnahmen wie das Staffelung der Schiffsankünfte, das Vermeiden von Stopps während lokaler Veranstaltungen und die Verlängerung der Ausflugsdauer, um den Touristenstrom besser zu verteilen.
Posidonia Sea Tourism Forum
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Alessandro Carollo, Associate VP Government Relations bei Royal Caribbean Group, nannte eine strukturelle Ursache der Schwierigkeiten: das Fehlen einer einheitlichen Stimme innerhalb der Destinationen, da Tourismusorganisationen, Hafenbehörden und Gemeinden oft nicht aufeinander abgestimmt sind. Er betonte, dass zunächst interne Kohärenz gefunden werden müsse, bevor eine effektive Zusammenarbeit mit den Kreuzfahrtgesellschaften möglich sei. Abschließend forderte Thanos Pallis, Professor für Maritime und Hafenökonomie an der Universität Piräus, dazu auf, Slogans hinter sich zu lassen und sich auf gemeinsame, zugängliche und für alle verständliche Daten zu konzentrieren. Nur so, so sagte er, könne man von einer Notfallverwaltung zu einer langfristigen strategischen Planung übergehen.
Am Nachmittag behandelten parallele Sitzungen spezifische Themen wie die Küsten- und Kurzstreckenschifffahrt mit Fokus auf ökologische Praktiken, die Entwicklung nautischer Infrastrukturen für den Yacht- und Marinasektor sowie die Einbindung junger Menschen in die maritime Bildung durch das Forum YES to Sea Tourism. Dabei wurde die zentrale Rolle der neuen Generationen für eine innovative und nachhaltige Zukunft der Branche hervorgehoben.
Das Posidonia Sea Tourism Forum, organisiert von Posidonia Exhibitions mit Unterstützung der Region Kreta und der Hafenbehörde von Heraklion, bestätigte seine Rolle als strategische Plattform für den intersektoralen Dialog. An der Umsetzung der Veranstaltung wirkten institutionelle und kommerzielle Partner wie CLIA, MedCruise, FCCA, ENIT, ODAP, die Hafenbehörde von Piräus und die Griechische Handelskammer mit.
Das 8. Posidonia Sea Tourism Forum hinterließ eine klare Botschaft: Das Mittelmeer braucht Vision, Kooperation und Innovation, um die Herausforderungen des maritimen Tourismus im 21. Jahrhundert erfolgreich zu meistern.
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