Msc Orchestra: rund um die britischen inseln (Teil 1)


Hier sind wir im ersten Teil der Geschichte eines Erlebnisses auf der Msc Orchestra, zwischen Momenten an Bord und fantastischen Städten, welche es zu entdecken gilt. Viel Spass beim Lesen!

Eine Kreuzfahrt nach Großbritannien und Irland verspricht grüne Landschaften, viel britische Kultur- und Architekturgeschichte sowie Begegnungen mit historischen Schiffen aller Art.

Der erste Hafen auf unserer Reise ist eine Überraschung. „Alle an Bord für St. Peter Port um 17:15 Uhr“ steht nach der äußerst entspannten Einschiffung im Kreuzfahrtterminal Altona auf dem Schild am Eingang der Msc Orchestra. St. Peter Port ist die Inselhauptstadt Guernseys, aber sollten wir nicht eigentlich St. Helier auf Jersey anlaufen? Ein „Beipackzettel“ zum Tagesprogramm informiert über die Änderung. „Aufgrund der gegebenen Seebedingungen“ seien ein sicheres Ankern sowie der Tenderservice in St. Helier nicht möglich. Ankunfts- und Abfahrtszeit bleiben aber gleich, die meisten der 2.800 Passagiere nehmen den Routenwechsel daher klaglos hin.

St. Peter Port/Guernsey

Zwei Tage später sitzen wir im Tenderboot und nehmen uns vor, unseren Stadtrundgang antizyklisch anzugehen: nicht zuerst zum Castle Cornet, das dem Hafen als Seefestung vorgelagert ist und das sich fast alle Kreuzfahrtpassagiere gleich als erstes ansehen wollen, sondern zunächst durch das „Old Quarter“ hinauf zum Victoria Tower. Immer wieder begegnen uns dabei zweisprachige Straßenschilder und Bezeichnungen. Die „Market Street“ ist gleichzeitig die „Rue du Marché“, die Katholische Kirche heißt „Notre Dame du Rosaire“, und die Wäscherei an der Ecke (auf englisch „Laundry“) firmiert als „Launderette“. Die Kanalinseln mögen zu Großbritannien gehören und über eine eigene Verwaltung verfügen, die Nähe zu Frankreich ist auf Guernsey und Jersey aber unübersehbar.

Ebenso die vielen Blumen, Palmen und Parks im Stadtbild. Das Klima ist milder als im kühlen England, die Inseln daher beliebt als Urlaubsort in der Nebensaison. Das Castle Cornet dagegen diente bereits im 13. Jahrhundert der Verteidigung Guernseys – mal mehr, mal weniger erfolgreich, denn immer wieder gelang es französischen Truppen, die Insel zu besetzen. Ende 1651 war Castle Cornet sogar der letzte königstreue Posten im gesamten Vereinten Königreich, der während des Englischen Bürgerkriegs vor den republikanischen Truppen Oliver Cromwells kapitulierte. Nach den Napoleonischen Kriegen verband man die Festung mit dem Festland, seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs dient sie als Museum.

Um 15 Uhr lichtet die Msc Orchestra die Anker und nimmt Kurs auf die zweite Insel der Reise – Irland. Zeit, das Schiff zu entdecken. Die Msc Orchestra gefällt. Gebaut 2007 als zweite Einheit der Msc Musica-Klasse, kommt sie nicht ganz so pompös und extravagant daher wie die größeren Schiffe der Msc Fantasia– und Msc Meraviglia-Klasse. Die Farben in der Inneneinrichtung sind kräftig, aber nicht gewagt, so dass kein Raum aus dem Rahmen fällt. Auch der Card Room und die Bord-Bibliothek sind schön, sie merken wir uns für die Seetage oder für die Abendstunden an Bord vor.

Auch an Kabine 8222 ist nichts auszusetzen. Teppichboden, Vorhänge und Sofa sind in unaufdringlichem Dunkelgrün gehalten, nur das expressionistische Bild über dem Bett passt nicht recht dazu. Auf dem Balkon stehen zwei Korbstühle und ein kleiner Tisch, das verspricht entspannte Stunden abseits des Menschenrummels.

Cork and Cobh

Cobh, den zweiten Hafen der Reise, nutzen Kreuzfahrtreedereien vor allem als Ausgangspunkt für Ausflüge ins nahegelegene Cork sowie zu den berühmten Feinschmecker-Restaurants und Whiskey-Destillerien Südirlands. Auch wir stehen kurz nach dem Anlegen der Msc Orchestra auf dem kleinen Bahnhof unmittelbar am Kai, um für 20 € ein Family Return-Ticket nach Cork zu erstehen. Einen reederei-eigenen Transferbus hätte es zwar auch gegeben, aber 25 € pro Person schienen uns wie so oft überteuert für den Service.

Cork ist ca. 25 Bahnminuten von Cobh entfernt und lässt sich wunderbar zu Fuß entdecken. Die Innenstadt liegt auf einer Insel zwischen den beiden Armen (North Channel und South Channel) des River Lee, wobei selbst die beiden breiten Hauptstraßen St. Patrick’s Street und Grand Parade noch im 18. Jahrhundert selber schiffbare kleine Kanäle gewesen sind. Heute verbinden nicht weniger als 25 Brücken die Innenstadt Corks mit den Bezirken im Norden und im Süden, man braucht also keine Angst zu haben, nicht wieder hinaus zum „rettenden Ufer“ zu finden.

Ähnlich wie Dublin besticht auch die City von Cork durch eine gelungene Mischung aus urigen Pubs, restaurierten alten Backsteingebäuden, Kirchen und Shops, wobei die Straßen und Cafés rund um den berühmten English Market ihren Charme an einem Sonntagvormittag naturgemäß nur bedingt versprühen. Dafür wird die katholische Prägung Corks rings um die St. Fin Barre’s Cathedral deutlich, einer reichlich überdimensioniert wirkenden Kirche, die man über eine Brücke über den South Channel erreicht. Während des irischen Unabhängigkeitskriegs Anfang des 20. Jahrhunderts galt Cork überdies als „Rebel City“, und noch heute sagt man den „Corkonians“ eine rebellische und temperamentvolle Ader nach. Vielleicht auch deshalb war die Stadt mit ihrer blühenden Kultur- und Musikszene 2005 Europäische Kulturhauptstadt. Auf der anderen Seite des North Channel steht auf einer Anhöhe die St. Anne’s Church. In dem Gotteshaus dürfen die Besucher die Glocken selber läuten, und ihr viereckiger Turm, der „Pepperpot“, ist dafür bekannt, dass die Turmuhren an jeder Seite eine andere Uhrzeit anzeigen, weshalb er auch der „viergesichtige Lügner“ genannt wird.

Cobh selber ist den wenigsten Menschen ein Begriff, mehr Leuten ist das Städtchen da schon unter seinem alten Namen Queenstown bekannt, den der Ort bis zur irischen Unabhängigkeit 1922 getragen hat. Verknüpft ist er vor allem mit maritimer Historie, und da besonders mit zwei Schiffen – TITANIC und LUSITANIA. Erstere legte 1912 vor dem damaligen Queenstown einen letzten Stopp vor ihrer tragisch endenden Atlantiküberquerung ein, letztere wurde 1915 unweit der südirischen Küste von einem deutschen U-Boot versenkt. Die Erinnerung an beide Schiffsunglücke ist bis heute in Cobh lebendig. Das Städtchen überrascht mit dem Kontrast aus putzigen bunten Reihenhäusern, die sich die Serpentinen hinaufziehen, und der riesigen St. Colman’s Kathedrale. Ihr Turm ist mit 92 Metern der zweihöchste seiner Art in ganz Irland und der Bau Ausdruck des Reichtums der Stadt gewesen, zu dem Queenstown im 19. Jahrhundert als Auswandererhafen gekommen war.

Als die Msc Orchestra um 17 Uhr in Cobh die Leinen losmacht, spielt sogar das Wetter mit, denn als unser Schiff wieder Kurs auf die offene See nimmt, steht ein blauer Himmel über den grünen Hügeln Irlands. Selbst über dem ansonsten mitunter kabbeligen Ostatlantik scheint am Abend bei ruhiger See noch die Sonne, so dass es an Deck für eine Partie Minigolf mit den Kindern reicht. So darf es gerne weitergehen.

Vor dem zweiten Galadinner der Reise steht noch ein Besuch der Show an. An einigen Tagen passt dies zeitlich nicht, an anderen spricht einen das Thema nicht an, die „Bella Italia“-Show ist aber auf einem italienischen Kreuzfahrtschiff fast ein Muss. Natürlich verweist Kreuzfahrtdirektor Franco Pili zu Beginn auf die italienischen Ursprünge der Reederei, dann aber erleben die Gäste mit Guillermo Dominguez einen sagenhaften Tenor. Egal ob „Nessun Dorma“, „Arrivederci Roma“ oder „O sole mio“ – jedes Lied sorgt für Gänsehaut. Das Gleiche gilt auch für das Gala-Dinner im Anschluss, wenn auch aus anderen Gründen. Nicht nur der Vorspeisen-Salat und der Eisbecher zum Nachtisch sind ein weiteres Mal fantastisch, auch der Seeteufel mit Reis verdient das Prädikat „ausgezeichnet“.

Und nach dem Essen geht es weiter mit, natürlich, Musik. Mittschiffs erfüllt Sopranistin Eva Corbetta ohne Mikrofon allein durch ihre Stimme mit einer kompletten Arie das Atrium, dass jeder automatisch stehenbleibt, um ihr zu lauschen. In der Amber Bar sitzt man zu verträumten Klaviermelodien bei einem Glas Wein, in der Savannah Bar wird zu „Rivers of Babylon“ getanzt, in der „La Cantinella“ Bar gibt Gitarristin Valeria eine melancholische Version von „Ain’t no Sunshine“ zum Besten, und in der Shaker Lounge spielt die Band Powerplay bei schummrigem Licht „Hopelessly devoted to you“. Nicht zu vergessen der Karaoke-Wettbewerb zu den unvermeidlichen Abba-Songs in der Disco R 32. „Orchester“, das bedeutet laut Duden „größeres Ensemble aus Instrumentalisten“. Bei kaum einem Schiff ist der Schiffsname so sehr Programm wie bei der Msc Orchestra.

Belfast

Einer kleinen Sinfonie kommt am nächsten Morgen auch das Wetter über Nordirland gleich. Die Sonne kann sich nicht recht entscheiden, ob sie hinter der dicken Wolkendecke hervorkommen oder doch den morgendlichen Regenguss gewähren lassen soll. Das Ergebnis: nasse Decks an Bord der Msc Orchestra und ein Regenbogen über den Hügeln des Belfast Lough.

Die malerische Idylle von Cobh kann Belfast selber aber nicht bieten. Schon von weitem markieren „Samson“ und „Goliath“, die beiden knallgelben Portalkräne von Harland & Wolff, die Skyline – jener chronisch krisengeschüttelten Werft, die anno 1912 die TITANIC gebaut hatte. Vom Ruhm vergangener Tage ist über 100 Jahre später allerdings nicht mehr viel übrig. Große Teile des Werftareals liegen brach, das Unternehmen selber hält sich mit Reparaturaufträgen über Wasser.

Dafür hat die Stadt 2012 „Titanic Belfast“ eröffnet, ein modernes Museum rund um die TITANIC. Zwei Stunden sollte man dafür mindestens einplanen, so ausführlich und optisch ansprechend arrangiert ist die mehrgeschossige Ausstellung, die nicht nur das berühmte Schiff selber, sondern auch den Hafen Belfast, die Bauwerft Harland & Wolff sowie die Nachwirkungen des Untergangs bis in die heutige Zeit zum Thema hat. Auch der riesige Museumsshop ist ein Muss nicht nur für Schiffsfans, und draußen vor der Tür geht es ja noch weiter. Der „Titanic Slipway“, der Geburtsort quasi, auf dem der Liner einst vom Stapel gelaufen ist, ist begehbar, und ebenfalls zu besichtigen ist die liebevoll wieder hergerichtete kleine NOMADIC. Sie diente in Cherbourg als Tenderboot, während die Schiffe der White Star Line vor dem französischen Hafen vor Anker lagen. Die 1911 gebaute NOMADIC ist gleichzeitig auch das letzte erhalten gebliebene Schiff der berühmten Reederei. Die Inneneinrichtung versprüht heute wieder den Charme der edwardianischen Ära, ein Besuch an Bord lohnt sich in jedem Fall.

Dort, wo der River Lagan in den Belfast Lough mündet, hat man ein paar Schritte weiter die Qual der Wahl zwischen gleich mehreren Brücken in die Innenstadt. Mit der historischen Teilung in das protestantische, aber eher proletarisch geprägte East Belfast (mit der Werft als Zentrum) und das katholische und wohlhabende West Belfast (mit der City Hall und dem Donegall Square als Mittelpunkt) ist es heute ohnehin nicht mehr weit her. Die Belfaster Innenstadt gefällt durch ihre gelungene Mischung aus historischer und moderner Architektur, ihre belebten Fußgängerzonen und die allgegenwärtige Atmosphäre einer Hafenstadt – mit dem obligatorischen Möwengeschrei, zahlreichen gemütlichen Pubs und einem frischen Seewind, der an den Ufern des Lagan landeinwärts zieht. Nur wer auf der Suche nach handfesten Hinweisen für den Nordirland-Konflikt ist, wird enttäuscht.

Der wird überwiegend in den Vororten Belfasts ausgetragen, und die bekommt man als normaler Kreuzfahrtpassagier natürlich nicht zu sehen.

Unsere Erfahrung ist fast vorbei, wir freuen uns darauf, Sie nächste Woche für den zweiten Teil zu sehen!

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Kai Ortel

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